Unser Interview mit Arne Nisters
1. Warum machst du beim Science Slam mit?
Science Slams sind für mich ein gigantisch geniales Format der Wissenschaftskommunikation, die einen unterhaltsamen Abend mit vielen Aha-Momenten verknüpfen. Das gilt für das Publikum genauso wie für mich, wenn ich den anderen Slammys lausche. Von daher gibt der Science Slam Forschungsthemen eine Bühne, die sonst im Alltag oft untergehen, er schafft ein nahbares Bild von der Wissenschaft und erlaubt mir, meine Freude an der eigenen Forschung und meine humoristische Ader mit anderen zu teilen. Und das ergibt diesen tollen Mix des Abends: kurzweilig, enthusiastisch, fesselnd!
2. Was begeistert dich an der Forschung?
Mich begeistern vor allem drei Dinge: das gemeinschaftliche Knobeln an Herausforderungen und Fragestellungen, die sich immer wieder neu auftun und für die wir kreative Lösungen erarbeiten müssen. Das Glück der Erkenntnis, wenn wir Zusammenhänge entdecken und sich ein Verständnis unseres Forschungsthemas entwickelt. Und die Möglichkeit, an gesellschaftlich relevanten Themen mitzuwirken und technische Lösungen für ein nachhaltiges Morgen zu gestalten.
3. Kannst du mir dein Thema in drei Sätzen erklären?
Unsere alltägliche Welt besteht aus chemischen Produkten, die allesamt überwiegend aus Erdöl hergestellt werden. Ich erforsche, wie wir all die Medikamente, Kunststoffe und Farbstoffe nachhaltiger herstellen und auf Erdöl verzichten können. Dafür entwickele ich Katalysatoren (Reaktionsbeschleuniger), die dem reaktionsträgen CO2 Beine machen, um es als Ausgangsstoff in der chemischen Industrie einzusetzen und es als nachhaltige Alternative zu Erdöl zu etablieren.
4. Was hättest du in deinem Forschungsprozess gerne früher gewusst?
Mir war vermutlich nicht der Wert und die Wichtigkeit von Kooperationen bewusst, die bei unseren komplexen Fragestellungen unerlässlich sind. Die eigenen (technischen) Möglichkeiten in den jeweiligen Arbeitskreisen sind begrenzt. Deshalb muss man die vielen unterschiedlichen, anderswo existierenden Blickwinkel kombinieren und miteinander verknüpfen. Erst dann bekommt man einen fundierten Gesamteindruck des Forschungsgegenstandes.
5. Was ist das größte Missverständnis über dein Fachgebiet?
„Das oder das ist ohne Chemie!“ – hey, das ganze Leben ist Chemie! Im Alltag begegnet es mir häufig, dass künstliche Erzeugnisse oder Eingriffe in die Natur oder Lebensmittel mit DER Chemie gleichgesetzt werden. Ich versuche mein Bestes, dem entgegenzuwirken.
6. Was machst du, um nach einem anstrengenden Tag abzuschalten?
Freunde treffen, Buddeln im eigenen Gemüseacker, ganz viel Bewegung und Sport, Radeln oder was Leckeres Kochen. Auch beruhigend ist Wäscheaufhängen.
7. Was ist dein Lieblingspaper/-buch zu deinem Thema?
„Primo Levi: Das periodische System.“ Verschiedene chemische Elemente begleiten den italienischen Chemiker Primo Levi, einen Überlebenden des Holocausts, in seinem autobiographischen Rückblick auf sein Leben. Darin gefällt mir vor allem das letzte Kapitel über die Reise eines Kohlenstoffatoms, das die Umwandlungen der Moleküle und die ganze Faszination der Chemie zeigt . Das ist so schön erzählt.
8. Welchen Rat würdest du anderen jungen Wissenschaftler*innen geben?
Bleibt euren Vorstellungen von qualitativ guter Forschung treu und lasst euch nicht so sehr von dem kompetitiven „Höher-Schneller-Weiter“ des quantitativ denkenden Publikationssystems beeinflussen. Und natürlich: Probiert euch in der Wissenschaftskommunikation aus. Denn der persönliche Austausch und das Begeistern anderer Leute für Wissenschaft ist für mich so viel bereichernder als jede beliebige wissenschaftliche Publikation.